Roquettestr. – Felix-Dahn-Weg – Am Lehmberg

BRIESNITZ

Briesnitz wurde 1071 erstmalig erwähnt, für unsere Gegend ein frühes Datum. Der Ort hatte in jener Zeit wegen der Furt eine große Bedeutung, die hier im Verlauf des sogenannten Bischofswegs durch die Elbe führte. Diese Furt wurde durch eine Burganlage geschützt, die sich dicht am Elbufer befand. Der Bischofsweg diente den Meißner Bischöfen für ihre Reisen nach Stolpen. Er verlief über die höher gelegene Landschaft aus Richtung Klipphausen, da das Elbtal wegen der regelmäßigen Hochwasser nur schlechte Wegverhältnisse bot.

2017 wurde unser Bauvorhaben „Alte Ziegelei Briesnitz“ fertig gestellt. Im Raum Dresden gab es an den westlich der Elbe gelegenen Talhängen unzählige Ziegeleien. Nach welcher wurde unser Quartier benannt?

Altbrienitzbennogut
Kulturdenkmal in Altbriesnitz:
Das Bennogut, eine Vierflügelanlage, nach Benno von Meißen benannt.

Die Ziegelei hieß vor etwa 100 Jahren im Volksmund nur die „Nötzoldsche Ziegelei“. Ihr Gründer war Maximilian Noetzold, geboren am 27. Juli 1860 in Radeberg. Er arbeitete in verschiedenen Unternehmen, bis er 1885 als Inhaber eines Agenturgeschäftes in Dresden auftauchte.

1887 begann er mit der Produktion von Ziegeln in Briesnitz. Die von ihm errichtete Fabrik war auf dem neuesten technischen Stand. Um seine Produktion auszuweiten und sich von Konkurrenten abzuheben, ließ Noetzold 1893 nach eigenen Entwürfen einen Ofen für die Herstellung von glasierten Dachziegeln errichten. Zu diesem gehörte auch eine Trocknungsanlage, mit der die Fabrik unabhängig vom Wetter kontinuierlich produzieren konnte.

Die Anlagen der Ziegelei befanden sich südlich des alten Weges nach Omsewitz. Das erste Ofengebäude wurde in eine Senke gebaut, die durch einen schon früher genutzten Abbau des dort liegenden „Lehmberges“ vorhanden war. Die Erweiterungen kamen auf Flächen, die durch den Abbau des Lehms hinter dem ersten Ofengebäude entstanden. Da es damals noch keine Straßennamen und keine Hausnummern gab, wurde das Fabrikgrundstück durch seine Brandkatasternummer 60 identifiziert.

Brände gab es in Ziegeleien öfter. Nicht lange nach Inbetriebnahme zerstörte ein Feuer Teile der Anlagen zur Dachziegelproduktion. Doch sie wurden schnell wieder aufgebaut.

Zierziegel an der Gartenmauer der Villa Noetzold

Straßenschildroquette

1896 bereitete Noetzold, der in Dresden wohnte, seinen Umzug nach Briesnitz vor. Er ließ sich eine Villa an einer damals gerade neu projektierten Straße bauen. Dabei wurden eigene Produkte, auch an der Grundstücksmauer, verwendet. Die neue Straße begann auf Cottaer Flur und hieß dort Schillerstraße. Genau im Jahr 1897, als im Frühjahr Maximilian Noetzold seine neue Villa bezog, wurde das Straßenstück in Briesnitz ausgerechnet Maximilianstraße genannt. Angeblich war der Vater des 25 Jahre vorher verstorbenen Königs Johann Namensgeber.

Nachdem an der Straße einige Bauten sehr schnell entstanden waren, herrschte längere Zeit Ruhe. Bereits 1909 wurde die Straße nach Otto Roquette benannt, einem Lehrer und Literaturwissenschaftler, der in Dresden und Berlin gewirkt hatte. Diese Umbenennung erfolgte, weil der Straßenbeginn in Cotta schon seit 1904 so hieß. 1928 und 1938 entstanden noch einmal Häuser. Erst vor wenigen Jahren wurden die letzten Grundstücke an der Roquettestraße in Briesnitz bebaut.

Auch andere, schon lange vorhandene Straßen erhielten 1897 amtliche Namen. Die Ziegelei lag nun an der Omsewitzer Straße. Zu jener Zeit hatte Noetzold einen dritten Ofen, zur Dachziegelproduktion bauen lassen. Nach einigen Jahren gab es wieder ein Großfeuer, das die Ofengebäude zerstörte. Diesmal wurde kein Wie deraufbau genehmigt, da für das Gelände inzwischen ein Bebauungsplan bestand. Am 10. Mai 1906 wurde ein nicht mehr benötigter Schornstein gesprengt.

Auch das Ende von Maximilian Noetzold wurde durch Feuer verursacht. Am 21. Juni 1915 war er abends allein in seinem Haus, seine Frau war schon einige Jahre vorher gestorben. Drei seiner Söhne waren im Krieg. Da kam es zur Explosion einer Petroleumlampe. Das brennende Petroleum ergoss sich über Maximilian Noetzold, der an seinen Verletzungen verstarb. Seine Erben verpachteten die Ziegelei an Gustav Heynemann. Der führte den Betrieb mit einer relativ kleinen Zahl an Arbeitern weiter. Bereits 1924 verkauften die Erben das Grundstück mit den Fabrikgebäuden an die Genossenschaft Eigenheimsiedlung Briesnitz-Dresden e.G.m.b.H. Die Genossenschaft hatte die Ziegelei mit der festen Absicht erworben, diese noch einige Jahre zu betreiben, dann aber die Grundstücke für den Bau von Wohnhäusern zu nutzen. So wurden Flächen, auf denen der Lehm bereits abgebaut war, 1927/28 bebaut. Kurz vorher war die Omsewitzer Straße umbenannt worden und hieß nun Am Lehmberg. An dieser, bis heute nur teilweise bebauten Straße, gehören der EWG die Häuser 6/8 und 9/11.

historischer Ziegel mit Firmenprägung

Straßenschildf Dahnweg
Straßenschildamlehmberg

An der Roquettestraße besitzt unsere Genossenschaft die Häuser 46–50 und 54–56a. Das Grundstück, auf dem der vordere Teil der beiden Wohnblocks steht, wurde erst im Zusammenhang mit diesem Bau nach Briesnitz eingeordnet. Die Villa von Maximilian Noetzold beherbergt heute die Kindertagesstätte „Briesnitzer Spatzenvilla“.

Auf dem eigentlichen Ziegeleigelände wurde unter den Nationalsozialisten der Felix-Dahn-Weg angelegt und ab 1936 von Osten beginnend mit sogenannten „Volkswohnungen“ bebaut. Felix Dahn war ein Juraprofessor, der im ausgehenden 19. Jahrhundert einen Historienroman über Germanen und ihren Kampf mit Rom verfasst hatte und deshalb damals gut als Namensgeber passte. 1937 wurden fast alle verbliebenen Ziegeleigebäude, wiederrum mit spektakulärer Schornsteinsprengung, abgerissen.

Der beginnende Krieg verhinderte die bereits geplante komplette Bebauung des Felix-Dahn-Weges. Nach dem Krieg dauerte es 55 Jahre, bis das „Hochhaus“ mit seniorengerechten Wohnungen und einem Supermarkt auf einem Teil des Ziegeleigrundstücks entstand.

Das letzte echte Gebäude der Ziegelei wurde erst 2005 abgerissen. Elf Jahre später begann der Bau der Wohnanlage „Alte Ziegelei Briesnitz“. Bei genauer Betrachtung kann man auf deren Gelände die vom Lehmabbau hervorgerufenen Geländeveränderungen erkennen.

Unsere Gebäude in diesen Straßen:

  • Felix-Dahn-Weg 15, 17, 19 und 21
  • Am Lehmberg 6/8 und 9/11
  • Roquettestraße 46–50 / 54–56a

Götz Krüger

1. Mai 2019
Ein Beitrag der Kategorie: Strassengeschichten

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