70 Jahre EWG Dresden
Wohnen? Sicher! Seit 1954
1954-2004
Rückblick auf die ersten 50 Jahre
Die ersten fünf Jahrzehnte der Genossenschaft (1954 bis 2004) wurden in einem Sonderheft ausführlich beschrieben, das z.B. hier abgerufen werden kann. Dieser Zeitraum – obwohl ausgesprochen ereignisreich und wichtig für die Genossenschaft – wird deswegen im Folgenden nur sehr knapp und überblicksartig behandelt, um anschließend genauer auf die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre einzugehen.
Gründung
Erste Bauarbeiten
Erste Schlüsselübergabe
Fertigstellung der ersten Wohnanlage
Fertigstellung von 3 Wohnblöcken
Meilenstein
Dresden West
Fusionen & Übernahme
Grundsteinlegung Gorbitz
Erste Übergaben in Gorbitz
Trennung
10.200 Wohnungen
Aus AWG wird EWG
Bis 1994 hatte die EWG gar kein Logo. In diesem Jahr wurde der Entwurf für ein neues Logo beauftragt. Der Vorstandsvorsitzende entschied sich für einen Entwurf, der sich am alten Logo der AWG Deutsche Reichsbahn orientierte.
Sanierungsbeginn
Neue Sanierungsstrategie Altbau
Erster seniorengerechter Neubau
Start des Pilotprojektes Kräutersiedlung
Fertigstellung der Kräutersiedlung
Auszeichnung
Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts leisten Wohnungsbaugenossenschaften in Dresden einen wichtigen Beitrag zur Wohnungsversorgung. Genossenschaftliche Wohnbauten prägen ganze Stadtviertel und sind Heimat von vielen Tausenden Dresdnern.
Am 5. Juli 1954 gründeten 14 Eisenbahner in Dresden eine Genossenschaft, die wegen des Trägerbetriebes den Namen „Deutsche Reichsbahn” erhielt. Diese Neugründung war erst durch politische Veränderungen in der DDR in der Folge des Volksaufstands am 17. Juni 1953 möglich geworden. Um dem staatlich organisierten Wohnungsbau neuen Schwung zu verleihen und die drastische Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zu lindern, wurde damals die Möglichkeit geschaffen, mit Unterstützung der Betriebe in der Form von Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaften neue Wohnungen zu errichten.
Bereits am 28. August 1954 begannen mit einem gemeinsamen Arbeitseinsatz der Gründungsmitglieder die Bauarbeiten für das erste Haus der Genossenschaft an der Industriestraße in Trachau. Am 13. Oktober 1955 erhielten die ersten Genossenschafter die Schlüssel für ihre neue Wohnung. Insgesamt wurden an diesem Standort bis 1957 66 ansprechende Wohnungen in einer großzügigen Wohnanlage errichtet
Um das Projekt voranzutreiben, leisteten die Genossenschafter auch mehr als die damals geforderten 800 Arbeitsstunden pro Wohnung. Umfangreiche Erdarbeiten wurden von Hand ausgeführt, Trümmerziegel geputzt, auf- und abgeladen und unter Anleitung eines Fachmannes sogar gemauert. Diese Erlebnisse schweißten zusammen. Über Jahrzehnte wurde das gemeinsam Geschaffene durch die Genossenschafter gepflegt und erhalten. Hausgemeinschaften organisierten gemeinsame Feste, Zusammenhalt und Nachbarschaftshilfe wurden groß geschrieben.
Neben umfangreichen Eigenleistungen hatten die Mitglieder einen finanziellen Beitrag in Form von Genossenschaftsanteilen zu leisten. In Bezug auf die damaligen Baukosten und Einkommen war dieser Betrag hoch: Für eine Wohnung mit zwei Zimmern waren 1.800 Mark Anteile zu zahlen, für jedes weitere Zimmer 600 Mark zusätzlich.
Die Möglichkeit, durch eigenes Engagement im Zusammenwirken mit gleichgesinnten Kollegen und mit Unterstützung durch die Betriebe in absehbarer Zeit eine so schöne Wohnung wie die in Trachau zu bekommen, führte immer mehr Menschen in die Genossenschaft. Bis Mitte 1957 war die Zahl der Mitglieder der AWG Deutsche Reichsbahn auf fast 350 angewachsen. Damit wurde es zunehmend unwahrscheinlich, dass alle Genossenschafter in den vom Statut vorgesehenen drei Jahren eine Wohnung erhalten konnten.
Zu diesem Zeitpunkt wurde den AWGs durch die Stadt angeboten, Wohnungen in der sogenannten Großblockbauweise zu errichten. Obwohl es auch viel Widerstand gegen diese Typenbauten mit nur wenigen Grundrissvarianten gab, entschloss sich die AWG, auf die neue Bauweise einzugehen. Daraufhin wurden der AWG Deutsche Reichsbahn insgesamt drei Wohnblöcke mit 180 Wohnungen in Johannstadt zugeteilt. Unter Einsatz von Kränen wurde in Schichten, also auch bei Dunkelheit, gearbeitet. 1958 konnten die ersten Genossenschaftsmitglieder einziehen.
Immer mehr Häuser wurden in Großblockbauweise errichtet. Vor allem in der Umgebung des Stadtzentrums entstanden die typisierten vier- und fünfgeschossigen Bauten. Die AWG erhielt in den folgenden Jahren weitere Wohnungen in Johannstadt, mehrere Häuser in der Nähe des Zoologischen Gartens und später drei Wohnblocks in Striesen. Einen besonderen Schwerpunkt der Bautätigkeit bildete die Südvorstadt, wo neben Gebäuden in Großblockbauweise zunächst auch noch Häuser in traditioneller Ausführung mit individuelleren Grundrissen entstanden.
Am 31. August 1963 verfügte die Genossenschaft über 1.099 Wohnungen. Die Geschäftsstelle befand sich zu dieser Zeit in der Leubnitzer Straße 32b.
Die Genossenschafter haben bei der Ableistung ihrer Pflichtstunden auf verschiedene Weise an der Fertigstellung ihrer Häuser mitgewirkt. Immer wieder halfen sie, bestimmte Engpässe auszugleichen und die Wohnungen schneller bezugsfertig zu machen. Mitglieder des Vorstandes waren bemüht, durch Kontakte zu anderen Betrieben die DDR-typischen Schwierigkeiten mit Material und Gerät auszugleichen. Die Selbstverwaltung der Genossenschaft war damals aber stark eingeschränkt. Die AWG konnte nicht selbst bestimmen, wo und wie viele Wohnungen welcher Art sie errichten wollte. Dies legte der Staat in Gestalt der örtlichen Organe fest. Auch die Aufnahme neuer Mitglieder bedurfte eines Antrags und einer Genehmigung durch die staatlichen Stellen. Schließlich überließ der Staat der Genossenschaft nicht einmal mehr die Verteilung der Wohnungen.
Ab 1971 kam es zu einer völligen Neugliederung der AWGs in Dresden. Angedacht war anfangs unter anderem ein Zusammenschluss der AWG Deutsche Reichsbahn mit der AWG Glück auf, die im Stadtbezirk Süd konkurrierten. Nur durch umfangreiche Aktivitäten und die Einbeziehung des Trägerbetriebes Deutsche Reichsbahn konnte der Vorstand die Weiterexistenz der AWG Deutsche Reichsbahn sichern. Mit Wirkung zum 01.01.1976 fungierte die AWG dann als sogenannte Rechtsträger-AWG für den Stadtbezirk West, wobei auch eine Rolle spielte, dass nun der Bau des Gebietes Gorbitz vorgesehen war.
Zwischen 1976 und 1986 übernahm die AWG insgesamt fast 4.000 Wohnungen im Dresdner Westen von der Dresdner Wohnungsbaugenossenschaft, der GWG Dresden-Land, der Sozialistischen Wohnungsgenossenschaft Freital, der GWG Dresden-Briesnitz, der GWG Neue Zeit und der VGWG Dresden-Nord. Die in diesen Wohnungen wohnenden Genossenschafter wurden mit der Übernahme Mitglieder der AWG Deutsche Reichsbahn. Durch die Teilfusion mit der GWG Neue Zeit erhielt die AWG Deutsche Reichsbahn 1981 zahlreiche Wohnungen der alten Eisenbahnerbaugenossenschaft, unter anderem in Löbtau und Cotta.
Bis zur Übernahme der ersten Altbauten war die Kraft der Genossenschaft in die Erhaltung ihrer relativ neuen Häuser geflossen. Ein Großteil der Wohnungen, welche die AWG von den gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften übernahm, war aber bereits zwischen 1891 und 1938 errichtet worden und befand sich aufgrund der schwierigen Umstände in einem sehr schlechten baulichen Zustand. Deshalb war nun erheblicher Aufwand nötig, um wenigstens einige der vorhandenen schweren Mängel zu beseitigen.
In den 1980er Jahren wurden dann die eigenen, einst unter vielen Mühen aufgebauten und gepflegten Wohnanlagen schrittweise an die anderen Rechtsträger-AWGs übergeben.
Dieser Umverteilungsprozess war aus der Sicht der damaligen administrativen Verhältnisse sinnvoll und führte zu einer Verbesserung der Abläufe. Aber er bedeutete auch einen weiteren drastischsten Einschnitt in die Eigenständigkeit der Genossenschaften. Bis heute ergibt sich daraus in Dresden die verglichen mit anderen Städten außergewöhnliche Situation, dass die Bestände der Wohnungsgenossenschaften im Stadtgebiet weitgehend räumlich sortiert sind.
Nach umfangreichen Erschließungsarbeiten fand am 21. August 1981 die Grundsteinlegung für das neue Wohngebiet Gorbitz statt. Bereits im Februar 1982 wurde die erste Wohnung an eine Eisenbahnerfamilie übergeben und nur vier Monate später schon die tausendste Wohnung der Genossenschaft in Gorbitz bezogen.
Das hohe Tempo des Wohnungsbaus hinterließ die neuen Wohngebäude jedoch als „Inseln im Schlamm“. Die Grünanlagen entstanden oft erst später durch Eigenleistungen der Genossenschafter. An manchen Wochenenden arbeiteten über zweihundert Genossenschafter an den Außenanlagen, so dass sich der trostlose Zustand um die neuen Wohnblöcke bei den Grundstücken der Genossenschaft schneller zum Grünen hin änderte als bei den kommunalen Beständen. Zusätzlich trafen sich viele Hausgemeinschaften zu verschiedenen Arbeiten vor und im Haus und zu Hausfesten.
Mit der neuen Verantwortung im Stadtbezirk West und dem Aufbau von Gorbitz ergab sich die Notwendigkeit, die Verwaltung der Genossenschaft und den Handwerkerbestand zu vergrößern und eine Geschäftsstelle in diesem Gebiet zu finden. Nach mehr als sechsjähriger Bauzeit wurde 1986 die neue Geschäftsstelle in Altgorbitz übergeben.
Am Ende der DDR zählte das Neubaugebiet Gorbitz mit seinen vier Wohnkomplexen etwa 34.000 Einwohner. Allein die AWG Deutsche Reichsbahn besaß in Gorbitz etwa 10.200 Wohnungen. Der Bedarf an Wohnraum war so groß, dass in der Regel eine vierköpfige Familie in einer 3-Raum-Wohnung lebte – dies entsprach einer Wohnfläche von 16 m2 pro Kopf. Auf der Strecke geblieben waren die geplante Poliklinik, eine Schwimmhalle und eine weitere Einkaufsmöglichkeit. Der neue Stadtteil war damit überbelegt und unterversorgt.
Mit der politischen Wende 1989/90 kam es zu raschen und einschneidenden Veränderungen für die Genossenschaft. Durch die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion fielen die staatliche Bevormundung, die Mangelwirtschaft, aber auch die umfangreiche Subventionierung der Wohnungswirtschaft weg.
Aufgrund ihrer Geschichte nannte sich die AWG Deutsche Reichsbahn nun Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft (EWG), ohne in die direkte Tradition der alten Eisenbahner-Genossenschaft einzutreten. Es wurden ein Aufsichtsrat und ein neuer Vorstand gebildet sowie eine neue Satzung beschlossen. In der folgenden Zeit wurden wichtige Veränderungen in Struktur und Arbeitsweise der Genossenschaft vorgenommen, unter anderem die Ausgliederung des Handwerkerhofs und die Einführung eines wohnungswirtschaftlichen EDV-Systems.
Bei den jetzt möglich werdenden Instandsetzungsmaßnahmen konzentrierte sich die EWG zuerst auf die seit Jahrzehnten vernachlässigten Gebäudehüllen im Altbau. Wichtige Schwerpunkte waren die Erneuerung von Dächern, Fassaden und Fenstern sowie der Einbau von Heizungen.
In den Gorbitzer Beständen wurde Anfang der 1990er Jahre Mess- und Regeltechnik eingebaut, um den gesetzlichen Bestimmungen im Bereich der Betriebskostenabrechnung zu entsprechen und einen sparsamen Umgang mit Heizung und Wasser zu ermöglichen und zu belohnen.
Ein existenzielles Problem für die EWG bedeuteten die sogenannten Altschulden, also Verbindlichkeiten aus Wohnungsbaukrediten der DDR-Zeit. 70% des Wohnungsbestandes der Genossenschaft waren Plattenbauten aus den 1980er Jahren, die mit vergleichsweise hohen Krediten belastet waren. Das Altschuldenhilfe-Gesetz gab der EWG die Möglichkeit, sich von einem bedeutenden Teil der Altschulden zu entlasten. Voraussetzung dafür war aber die Verpflichtung, über 2.000 ihrer Wohnungen mieternah zu privatisieren.
In Umsetzung des Altschuldenhilfe-Gesetzes bildete die EWG in Gorbitz schrittweise Wohneigentumsanlagen im vorhandenen Bestand. Das Interesse der Genossenschafter am Kauf ihrer Wohnungen war jedoch nicht so groß, dass die Veräußerungsauflagen auf diesem Weg zu erfüllen waren. Deshalb wurden 1997 etwa 1.600 Wohnungen an einen Zwischenerwerber verkauft. Die verbleibenden Schulden wurden in freie Kapitalmarktdarlehen umgewandelt. Damit war nicht nur für die folgenden Jahre Planungssicherheit gegeben, sondern auch der Fortbestand der EWG gesichert. Das nach der Abführung an den Erblastentilgungsfonds verbleibende Geld war eine wichtige Grundlage für die Bautätigkeit der folgenden Jahre.
Durch das Wohnungsgenossenschaften-Vermögensgesetz von 1993 konnte die EWG die von ihr genutzten Grundstücke, die sich noch nicht in ihrem Eigentum befanden, zu günstigen Konditionen erwerben. Dies war eine weitere wichtige Voraussetzung für die Bautätigkeit insbesondere in Gorbitz, wo bis dahin kein Grundstück der EWG gehört hatte.
Im Jahr 1994 begann auch in Gorbitz die komplexe Modernisierung ganzer Häuser. Dabei wurden die Fassaden durch Wärmedämmung, neue Loggiabrüstungen und eine ansprechende farbliche Gestaltung aufgewertet sowie neue Fenster und Zweirohrheizungen eingebaut. In jene Zeit fiel auch die Schaffung von zusätzlichen Stellplätzen, die das nach der Wende verschärfte Parkplatzproblem lösen halfen.
Ab 1997 stieg der bis dahin geringe Leerstand spürbar an. Im Altbau wurde die Baupolitik geändert, um auf den zunehmenden Wettbewerb zu reagieren. Die Objekte wurden vor der Modernisierung freigezogen, so dass umfassende bauliche Veränderungen auch im Inneren der Gebäude möglich wurden. Der Leerstand schränkte jedoch die finanziellen Spielräume der EWG merklich ein. Einige Altbauobjekte, deren Modernisierung einen zu hohen Aufwand erfordert hätte, mussten verkauft werden.
Im Jahr 2001 wurde die Geschäftsstelle der Genossenschaft umgebaut. Ein neuer Zugang und ein zweites Treppenhaus wurden durch einen Anbau an der östlichen Stirnseite realisiert und neue, kundenfreundliche Empfangs- und Wartebereiche geschaffen.
Ebenfalls im Jahr 2001 wurde in Briesnitz das Getrud-Oeser-Haus am Felix-Dahn-Weg fertiggestellt – die erste altengerechte Wohnanlage der Genossenschaft und gleichzeitig der erste Neubau nach 1990. In diesem mit Fördermitteln errichteten Gebäude entstanden 24 barrierefreie, zum Teil rollstuhlgerechte Zwei-Raum-Wohnungen. Seither ist die Nachfrage nach diesen Wohnungen ungebrochen hoch. Dieses Projekt zeigte, dass selbst auf einem von Leerstand geprägten Wohnungsmarkt Angebote sehr gut angenommen werden, die auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet sind.
In Gorbitz ließ sich die Steigerung des Leerstandes trotz der Modernisierungsmaßnahmen und der umfangreichen Investitionen zur Verbesserung des Wohnumfeldes zunächst nicht aufhalten. Von 34.000 Einwohnern im Jahr 1990 sank die Zahl bis 2010 auf etwa 20.000. In Reaktion auf den hohen Wohnungsleerstand setzte die EWG in den folgenden Jahren mehrere Stadtumbaumaßnahmen um.
1990 - 2010
Altbausanierung im Fokus
marode Bausubstanz und fehlende Wohnungen verursachten großen Handlungsdruck
Die Gebäude und Wohnungen in den Altbauquartieren befanden sich um 1990 in einem Zustand, der heute unvorstellbar ist: undichte Dächer, bröckelnde Fassaden grau in grau, Ofenheizung, Wohnungen ohne Bad,… Vorausgegangen waren mehrere Jahrzehnte, in denen die Altbauten durch den allgegenwärtigen Materialmangel und eine politische Priorisierung des Neubaus kaum instandgehalten und Schäden oftmals nur notdürftig repariert werden konnten. Nach der politische Wende war die Sanierung des Altbaubestandes deswegen eine der wichtigsten und dringendsten Aufgaben der Genossenschaft.
Status:
EWG Bestand in einem Zustand, der heute unvorstellbar ist:
- undichte Dächer
- bröckelnde Fassaden grau in grau
- Ofenheizung
- Wohnungen ohne Bad,…
In Jahrzehnten eines allgegenwärtigen Materialmangels und der politischen Priorisierung des Neubaus konnten die Altbauten kaum instandgehalten und Schäden oftmals nur notdürftig repariert werden.
In den 1990er Jahren wurden bei zahlreichen Altbauten Dächer, Fassaden und Fenster erneuert. Nach Abschluss der Erdgasumstellung in Dresden konnte auch mit dem Einbau von Gasheizungen begonnen werden. Die Arbeiten konzentrierten sich zunächst auf die Gebäudehüllen, denn noch herrschte Wohnungsmangel. Umfassende Modernisierungen im Inneren der Wohnungen waren nur vereinzelt möglich, wenn eine Wohnung durch Auszug frei wurde. Schon bis Mitte der neunziger Jahre waren wichtige Wohnanlagen in mehreren Stadtteilen instandgesetzt und erstrahlten in neuem Glanz.
Eine besondere Herausforderung war die Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude. Umfangreiche Abstimmungen mit den zuständigen Behörden und ein teils zähes Ringen um Kompromisse nahmen viel Zeit in Anspruch. Die Umsetzung der Auflagen war nicht selten mit finanziellem Mehraufwand für die Genossenschaft verbunden. Aber die Anstrengungen haben sich gelohnt: Die Veränderung hin zu einem einheitlichen, dem historischen Vorbild angelehnten Erscheinungsbild ist bei diesen Siedlungen besonders markant und prägt bis heute die besondere Wohnqualität dieser Quartiere.
ZAUCKERODER STR. 12–14
Mit der politischen Wende im Land war die Sanierung des Altbaubestandes deswegen eine der wichtigsten und dringendsten Aufgaben der Genossenschaft.
SANIERUNG: Schwerpunkt auf Gebäudehüllen
In den 1990er Jahren wurden bei zahlreichen Altbauten Dächer, Fassaden und Fenster erneuert und es wurde mit dem Einbau von Gasheizungen begonnen.
Vorher | Nachher:
Der zunehmende Wohnungsleerstand machte eine neue Baupolitik im Altbau in den späten 1990er Jahren möglich und erforderlich. Durch Leerzug der betreffenden Gebäude konnten im Zuge der Modernisierung auch Grundrisse geändert, Bäder eingebaut, Wohnungen zusammengelegt, Balkone angebaut oder Loggien vergrößert werden.
Das erste Gebiet, wo diese neue Strategie zum Tragen kam, war Naußlitz. Dort wurden auch die Außenanlagen neu gestaltet und ein Kinderspielplatz und neue PKW-Stellplätze angelegt. Der heute sehr hohe Vermietungsstand im Altbau beweist, dass dieser Weg richtig war.
Ergebnis
Die Anstrengungen haben sich gelohnt und prägen bis heute die besondere Wohnqualität dieser Quartiere.
2002-2004
Kräutersiedlung
"Stadtumbau Ost" Pilotprojekt des Um- und Rückbaus innerhalb einer Plattenbausiedlung der 80er Jahre.
Eines der bundesweit ersten und ambitioniertesten Stadtumbau-Vorhaben realisierte die EWG ab 2002 in Gorbitz: die Kräutersiedlung. Vorausgegangen war ein starker Anstieg des Leerstands im Plattenbau auf zum Teil über 30 % – mit dramatischen wirtschaftlichen Folgen für die Genossenschaft.
Mit der Kräutersiedlung sollte unter Nutzung der vorhandenen Bausubstanz ein Wohnquartier geschaffen werden, das den Wohnwünschen aktueller und zukünftiger Mietergenerationen entspricht und für die Attraktivität des Standortes Gorbitz wirbt. Dazu wurde durch Teilrückbau die Geschossigkeit reduziert und die langen Gebäudezeilen aufgebrochen. Dies führt zusammen mit der neuen Farbgebung und den neuen Balkonen zu einem völlig neuen, kleinteiligen und modernen Erscheinungsbild des Quartiers. Umfangreiche Grundrissänderungen sorgen für großzügige Raumgrößen und eine hohe Vielfalt bei den Grundrissen. Die Erdgeschosswohnungen verfügen über Terrassen und Mietergärten.
Die Kräutersiedlung gehört seither zu den beliebtesten Gebieten der Genossenschaft, für die entstandenen 131 Wohnungen gibt es bis heute eine Warteliste. Der Umbau hat auch unter Architekten und Stadtplanern viel Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren und belegt, welches Gestaltungspotenzial der Plattenbau bietet. Die EWG hat bei ihren folgenden Stadtumbauprojekten sehr von den Erfahrungen der Kräutersiedlung profitiert, wenngleich ein derart aufwendiger Teilrückbau aus Kostengründen nie wieder umgesetzt wurde.
Nach zwei der insgesamt vier geplanten Bauabschnitte musste das Gesamtvorhaben aus finanziellen Gründen abgebrochen werden. Alle Wohngebäude jenseits des Kamillenwegs wurden komplett abgerissen.
Veränderungen
- neue, kleinteilige und moderne Siedlungsstruktur
- umfangreiche Grundrissänderungen für großzügige Räume und hohe Vielfalt
- gartenbezogenes Wohnen im Erdgeschoss mit Terrassen und Mietergärten
- neue, weitläufige Balkone in den Obergeschossen
- barrierefreie Wohnungen
- neues, ansprechendes Äußeres
Ergebnis
2004: ein attraktives, nachgefragtes Wohnquartier, das den Wünschen aktueller und zukünftiger Mietergenerationen entspricht.
2003 – Deutscher Bauherrenpreis. Hohe Qualität & tragbare Kosten. Ziel des Pilotprojektes wurde erreicht: sichtbare Verwandlung des Plattenbaus, überzeugender Beweis für das Gestaltungspotential der “Platte”.
Besuch bei Simone Pfündel
Frau Pfündel und ihr Mann wohnen seit 2004 – also seit genau 20 Jahren – in einer Vier-Raum-Wohnung im Kamillenweg. Aber Frau Pfündel ist nicht nur langjährige Bewohnerin der Kräutersiedlung, sondern hat den Umbau auch als Mitarbeiterin der Genossenschaft miterlebt und mitgestaltet.
Von außen muss man schon sehr genau hinsehen, um in dem dreistöckigen, hellgelben Gebäude mit der markanten Balkonkonstruktion und den hofseitigen Mietergärten einen Plattenbau zu erkennen. Im Treppenhaus gelingt das noch am ehesten.
Frau Pfündel öffnet die Wohnungstür und lädt gleich nach der Begrüßung zu einer kleinen Wohnungsbesichtigung ein: helle Räume, ein schönes Wohnzimmer mit offener Küche, ein großes Bad mit Fenster. Mitten im Flur erklärt Frau Pfündel schmunzelnd: „Und ab hier beginnt das Nachbarhaus“, denn die Wohnung erstreckt sich über ehemals zwei Aufgänge. Damit wird gleich zu Beginn deutlich: Gleichförmigkeit gibt es hier nicht (mehr). Die Individualität, die die Gebäude schon von außen vermitteln, ist im Inneren sogar noch größer. Über der Zwei-Raum- liegt eine Vier-Raum-Wohnung, auch Maisonettewohnungen sind vorhanden. Viele Unterschiede, das wird später im Gespräch deutlich, erklären sich dadurch, dass die Mieter bei der Gestaltung „ihrer“ Wohnung ein großes Mitspracherecht hatten. Frau Pfündel konnte unter anderem ihren Wunsch nach einer offenen Küche verwirklichen. Dort nehmen wir nun zum Gespräch am Esstisch Platz und richten unseren Blick in die Vergangenheit.
1989 bezog das Ehepaar mit seinen beiden Töchtern zunächst eine Wohnung im Thymianweg. „Eigentlich wollte ich nicht nach Gorbitz“, räumt Frau Pfündel rückblickend ein. Trotzdem fiel ihr die Entscheidung damals nicht schwer, schließlich war die neue Wohnung ausgesprochen komfortabel verglichen mit der zu kleinen Altbauwohnung mit Ofenheizung und ohne Bad, die die Familie zuvor bewohnte. Obwohl anfangs in der Nachbarschaft noch gebaut wurde und „ringsum gar nichts war“, wurde die Familie schnell heimisch.
Nur zehn Jahre später, Frau Pfündel ist inzwischen im Sanierungsteam der EWG tätig und hat schon mehrere Bauvorhaben im Altbau begleitet, nimmt die Idee eines großen Rückbau- und Umbauprojekts in Gorbitz langsam Gestalt an. „Pilotprojekt“ steht auf den Ordnern aus dieser Zeit. Für alle – Architekten, Baufirmen, Mitglieder und die Genossenschaft – ist dieses Vorhaben Neuland. Die Gebäude müssen komplett entmietet werden. Zahlreiche, oftmals sehr intensive Gespräche mit den Bewohnern sind dafür nötig. Rückblickend lobt Frau Pfündel vor allem die sehr gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Bei der Vergabe der neuen Wohnungen haben die ehemaligen Bewohner ein Vorrecht und dürfen über die Ausstattung ihrer neuen Wohnung mitbestimmen.
Auf Fotos, die Frau Pfündel herausgesucht hat, sieht man die Demontage einzelner Platten, Berge von Schutt und schließlich die Arbeiten an den Außenanlagen. Aus dem Pilot- wird ein Vorzeigeprojekt. Nach dem Bezug der ersten Gebäude kommen an manchen Tagen ganze Busladungen von Fachleuten und Studenten, um die Kräutersiedlung zu besichtigen. Frau Pfündel erinnert sich unter anderem an eine Gruppe aus der Schweiz, die hellauf begeistert war, was man aus der „Platte“ alles machen kann.
Wie zur Bestätigung lockt uns an dieser Stelle des Gesprächs die Frühlingssonne auf den Balkon. Der Balkon ist ohne Frage eines der Highlights der Wohnung, erstreckt er sich doch über ihre gesamte Länge (10 Meter!). Unser Blick geht über die sehr gepflegten Mietergärten hinweg in den Innenhof. Den großen Abstand zwischen den Gebäuden schätzt Frau Pfündel besonders. Man wohnt „grün und frei, wie in einem etwas größeren Eigenheim“, schwärmt sie. Kein Vergleich mit der dichten Bebauung in vielen innerstädtischen Gebieten. Jetzt, am späten Vormittag, ist es abgesehen vom Vogelgezwitscher sehr ruhig.
Die Sitzecken und die Tischtennisplatte im Hof würden aber rege genutzt, versichert Frau Pfündel. „Generell“, sagt sie, „ist es eine ganz tolle Nachbarschaft.“ Etliche Nachbarn wohnen wie sie seit dem Erstbezug hier, andere sind später hinzugekommen. Ein freundliches Miteinander und gegenseitige Unterstützung sind selbstverständlich. Man kennt sich, sitzt auch mal zusammen und achtet aufeinander.
Zum Abschluss des Gesprächs meint Frau Pfündel: „Ich genieße es, hier zu wohnen und will hier nicht mehr weg.“ Keine Spur mehr von den anfänglichen Vorbehalten. Noch heute, sagt sie, ist sie stolz darauf, wie die Kräutersiedlung geworden ist und dass sie die Veränderung miterleben durfte.
Konstanze Mally